Was passt besser in das Grundlagentraining als ein winterlicher Wohltätigkeits-Ultra-Marathon über 80km und ca. +1.900/-1.100 Höhenmeter von Göttingen auf den Gipfel des Brockens im Harz? Stimmt, dachte sich auch Hanno und nahm im vergangenen November mal wieder an der Verlosung der Startplätze zur Brocken Challenge teil – so bewahrheitete sich einmal mehr „aller guten Dinge sind drei“.
Von guter Vorbereitung kann keine Rede sein, auch wenn er das Weihnachtsgebäck etwas reduzierte und ab und zu sogar am Wochenende ein kleines Läufchen wagte. Vielleicht war die Taktik (eigentlich war es eher ein Motivationsproblem, aber Taktik hört sich natürlich viel professioneller an), vielleicht war die Taktik auf lange Läufe zu verzichten und dafür wirklich regelmäßig zu trainieren gar nicht die schlechtere Wahl, um gut durch die kalten Tage zu kommen. Letztendlich ist alles ab 42,195km ohnehin nur Kopfsache – man muss es sich nur lange genug einreden!
Das war dann auch der Plan! Den ersten, flachen, Marathon möglichst entspannt und kraftsparend runter zu laufen, um sich anschließend irgendwie ins Ziel zu metern. Nicht umsonst gibt es Brocken Challenge Weisheiten wie „der Lauf beginnt bei Kilometer 42 in Barbis“ oder „der Lauf hat zwei Hälften und die zweite ist länger als die erste“.
Nach einer kurzen Nacht begann der Tag um 5 Uhr beim gemeinsamen Frühstück im Reiterhof am Kehr in Göttingen. Anschließend ging es unter Stirnlampenbeleuchtung durch die Nacht, immer Richtung Nordost. Die Organisation der BC ist bis aufs kleinste perfektioniert: Unterbringung, Vorbesprechung, Verpflegung vor, während und nach dem Lauf, medizinische Versorgung und lauter nette Leute – auch bei Minustemperaturen und Schnee. Das alles sind sicherlich ebenso wie die einzigartige Strecke, Gründe dafür, warum es jedes Jahr ein paar Hundert Bewerbungen mehr als Startplätze gibt.
In Barbis tauschen viele Läufer das Equipment, ab jetzt sieht man vermehrt Wollmützen, Windjacken, Stöcke und Spikes an den Schuhen, bevor es in den berüchtigten „Entsafter“ geht. „Entsafter“ wird das folgende, 20km und 600hm ansteigende Teilstück genannt, in dem man je nach Witterungsbedingungen auch ohne Verpflegungspunkt auskommen muss.
Auf dem Weg zum Jagdkopf (km 54) erst Schnee von unten und spätestens ab Lausbebuche (km 63) dann auch von oben (ab dort war also richtig Winter). Ab Königskrug galt es dann Rücksicht auf die Wintersportler, vor allem Langläufer zu nehmen (Loipen sind für die Läufer ohnehin tabu) und auch eine Streckenbeschilderung gibt es im Nationalpark nicht mehr, was allerdings niemanden in Verlegenheit gebracht haben dürfte, denn es führt ohnehin jeder Weg irgendwie auf den Brocken.
Spätestens mit dem Tuten der Brockenbahn ahnte dann auch die letzte verlorene Seele, dass der Gipfel nicht mehr weit sein konnte. Auf den letzten 8 Kilometern bergauf galt es dann eigentlich nur noch die Frage zu beantworten, bekommt man die letzte Brockenbahn (wieder runter nach Schierke) oder bekommt man sie nicht – denn bei letzterem bucht man unweigerlich noch eine 7-10km lange Nachtwanderung bis zur Zivilisation.
Nun, Hanno saß nach 10 Stunden + Duschen, umziehen und bei bester Laune in der letzten Dampflokomotive und genoss den Ausblick in seine alte Heimat. So schön dieser Lauf auch war, er bleibt seinem Credo treu „Keinen Lauf ein zweites Mal zu laufen“.